Thema: Rückverfolgbarkeit in der Pharmaherstellung

Fachbeitrag von Ondrej Kruk, Business Unit Manager für Label Print Apply und Large Character Marking, Videojet Technologies

Kennzeichnungstechnik von Videojet

Die Globalisierung der Märkte, strengere gesetzliche Vorschriften und kürzere Produktionsläufe haben dazu geführt, dass Verpackungen für Arzneimittel in den letzten Jahren verstärkt kundenspezifisch angepasst werden. Anfangs war die kundenspezifische Anpassung weitgehend auf Primärverpackungen beschränkt, wird jetzt aber immer häufiger auch für Sekundärverpackungen eingesetzt. Grund ist die Möglichkeit einer Rationalisierung der Betriebsabläufe in Bezug auf die Aufbringung von Produktionsinformationen auf Umverpackungen und Kartons.

In der pharmazeutischen Industrie hat die ständig wachsende Zahl gefälschter Medikamente im globalen Markt zu einem verstärkten Bedarf an kundenspezifischen Lösungen geführt. Seit 2013 schreibt in Europa eine EU-Richtlinie zum Schutz vor Arzneimittelfälschungen die Serialisierung von Einzelpackungen vor. In Kalifornien, USA, ist ab Januar 2015 die Serialisierung auf der Ebene der Verpackungseinheiten vorgeschrieben. Als Reaktion darauf drängen die Hersteller nun gegenüber der Food and Drug Administration (FDA) auf die Schaffung einer einzigen, allgemeingültigen Norm zur Arzneimittelrückverfolgung, die im Gegensatz zur kalifornischen Einzellösung, dem E-Pedigree, in den gesamten USA gelten soll.

Kundenspezifische Anpassung als Herausforderung
In der Praxis erweist sich die kundenspezifische Anpassung häufig als komplex und kostenträchtig. Üblicherweise werden die meisten kundenspezifischen Informationen vorab auf Etiketten oder Verpackungsmaterial gedruckt. Bei einer immer größeren Anzahl an Artikelnummern muss immer mehr Verpackungsmaterial verwaltet und gelagert werden, was Abfallmenge und Komplexität wachsen lässt und gleichzeitig die Lagerhaltungskosten in die Höhe treibt.

Die wachsende Anzahl an Artikelnummern macht es für die Hersteller zudem immer schwieriger, Angebot und Nachfrage aufeinander abzustimmen. Hersteller, die einen größeren Lagerbestand vorhalten, sehen sich dem Risiko ausgesetzt, dass einzelne Produkte eingestellt oder die Verpackungen modifiziert werden. In diesem Fall können die vorgedruckten Materialien nicht mehr verwendet werden und müssen als Abfall entsorgt werden. Die Verwaltung vorgedruckter Verpackungen ist eine komplexe Aufgabe, denn die Bereitstellung von Markenkennzeichnungen oder anderen vorgedruckten Informationen für mehrere Artikelnummern und der Wechsel des Verpackungsmaterials bei jedem Chargenwechsel sind nur in Zusammenarbeit mit Verpackungsverarbeitern zu bewerkstelligen. Diese Arbeitsschritte sind zeitaufwändig und erhöhen das Risiko, dass falsch etikettierte Produkte in die Lieferkette gelangen.

Anpassungen „in letzter Minute“
Bei Anpassungen „in letzter Minute“ nimmt die pharmazeutische Industrie eine Vorreiterrolle ein, zum Teil einfach deshalb, weil gesetzliche Vorschriften beispielsweise zur Verpackungsserialisierung den Einsatz von Lösungen zum Überdrucken von Verpackungen notwendig machen. Da die Produkte häufig für Auslandsmärkte bestimmt sind, müssen Ausführungen in verschiedenen Sprachen und mit marktspezifischen Informationen wie Produktbezeichnungen und Lizenznummern produziert werden. Alle diese Daten können zusammen mit 2D-Codes direkt an der Verpackungslinie auf die Produkte aufgebracht werden. Die Hersteller haben die Wahl zwischen einer Reihe von Codierungslösungen – von der Thermal Inkjet- und Continuous Inkjet-Technologie bis hin zum Thermotransfer-Druck und zur Lasertechnologie für die hochpräzise Etikettierung mit großer Geschwindigkeit, selbst für kleine Verpackungen und Einzelkomponenten.

Codierung von Umverpackungen und Kartons
Die kundenspezifische Anpassung ist bei Primärverpackungen mittlerweile gang und gäbe. Früher galt es als ausreichend, Umverpackungen mit einem ITF-14-Barcode für die globale Artikelidentnummer zu versehen, der einfach nur das Produkt angab. Heute wird jedoch von den Herstellern die Angabe von Informationen zu Haltbarkeitsdauer und Rückverfolgbarkeit über einen GS1-128-Barcode verlangt.

Zur Anpassung von Sekundärverpackungen müssen die Hersteller die Barcode-Daten direkt beim Verpacken der Produkte drucken und können nicht mehr auf vom Verpackungshersteller vorgedrucktes Material zurückgreifen. Hierbei gibt es zwei Möglichkeiten: direkte Großschriftkennzeichnung (LCM) von Umverpackungen mit Inkjet-Technologie oder Etikettiersysteme (LPA). Mit der Anpassung von Umverpackungen können die Hersteller zum einen die geforderten Rückverfolgbarkeitsdaten bereitstellen, zum anderen aber auch Lieferketten effizienter gestalten und die Nachverfolgung von Produkten über das gesamte Vertriebsnetzwerk ermöglichen. Die Online-Aufbringung von Codes senkt zudem die Lagerhaltungskosten, denn die Lagerung vorgedruckter Umverpackungen wird dadurch hinfällig.

Technologiefrage: Inkjet oder Etiketten
Welche Technologie für die Anpassung von Sekundärverpackungen am besten geeignet ist, hängt von drei Schlüsselfaktoren ab, und zwar den Anwendungs- und Barcode-Anforderungen sowie den Gesamtbetriebskosten. Die Direktkennzeichnung von Umverpackungen mit einem Inkjet-Drucker ist ein bewährtes Verfahren zur Anpassung von standardmäßigen Umverpackungen aus Wellpappe. Moderne Inkjet-Drucker können Logos, Grafiken, großen und kleinen Text sowie eine Vielzahl von linearen und 2D-Barcodes drucken, u. a. den immer beliebteren GS1-128-Barcode. Vorrausetzung für eine optimale Druckqualität bei Inkjet-Druckern sind ein glattes Band und ein gut gesteuertes Materialhandhabungssystem. Diese Drucker werden üblicherweise für poröse Trägermaterialien verwendet, die Drucktinte gut aufnehmen.

Etikettiersysteme können dagegen für poröse und nicht poröse Trägermaterialien wie beispielsweise Schrumpffolie eingesetzt werden. Sie sind daher besonders für die Hersteller von Etiketten in Kleinserien und Lohnabfüller interessant, die beim Wechsel von einem Produktionslauf und Einzelhandelskunden zum nächsten beispielsweise flexibel zwischen Wellpappe und Schrumpffolie wechseln müssen. Bei Etikettiermaschinen müssen sich die Packungen präzise platzieren lassen, da solche Maschinen Etiketten auf Packungen aufbringen, die auf Rollenförderern laufen.

Wichtig: Fähigkeit den Barcode zu scannen
Ausschlaggebendes Kriterium für die Lieferkettenintegrität ist die Fähigkeit, den Barcode zu scannen. Inkjet-Drucker sowie Etikettiersysteme können scanbare Barcodes aufbringen. Darüber hinaus können mit beiden Systemen je nach Anwendungsspezifikationen Barcodes nach GS1-Standards gedruckt werden. Bei braunem oder farbigem Trägermaterial, für das GS1-Barcodes der Stufe C oder höher benötigt werden, um z. B. die Anforderungen des Einzelhandels zu erfüllen, sind Etikettiersysteme die bevorzugte Lösung. Das Bedrucken weißer Etiketten mit schwarzer Tinte ermöglicht einen höheren Kontrast als sich beim Bedrucken von Umverpackungen erzielen lässt.

Die Kosten sind zwar auch ein wichtiger Faktor, aber zunächst müssen die Anwendungs- und Barcode-Anforderungen geprüft werden, denn sie entscheiden darüber, ob ein Inkjet-Drucker oder ein Etikettiersystem die bessere Wahl ist. In Fällen, in denen beide Lösungen eingesetzt werden können, ist eine Kostenanalyse hilfreich. Wichtige Aspekte bei Inkjet-Druckern sind Anschaffungskosten, Kosten für Tinte sowie die Wartungskosten einschließlich Ersatzteile. Wichtige Aspekte bei Etikettiersystemen sind ebenfalls Anschaffungskosten, aber auch Kosten für Farbbänder und Etiketten, Kosten für Ausfallzeiten und Umrüstung sowie Wartungskosten einschließlich der Ersatzteile.

Das Bedrucken von Sekundärverpackungen mit den richtigen Informationen ist allein jedoch nicht ausreichend. Die Hersteller müssen häufig Online-Prüfsysteme mit Barcode-Scannern einsetzen, um sicherzustellen, dass die Barcodes über die gesamte Vertriebskette hinweg gelesen werden können. Dieser Prozess verringert das Risiko, dass eine einzelne Umverpackung nach Verlassen des Herstellerwerks eine Codierungsprüfung nicht besteht und daraufhin eine ganze Warenlieferung zurückgewiesen wird.

Fazit
Drucker werden zwar häufig zum Drucken von Datumsangaben, Barcodes und Losnummern eingesetzt, die Möglichkeiten einer zusätzlichen Wertschöpfung durch eine kundenspezifische Anpassung sind jedoch noch wenig bekannt. Unternehmen, in denen die Codierungstechnologie zur Anpassung von standardmäßigen Primärverpackungen mithilfe von einheits- oder chargenspezifischen Informationen oder zum Bedrucken von Sekundärverpackungen mit dynamischen Barcodes in hoher Auflösung eingesetzt wird, sehen die Codierung dagegen in einem ganz neuen Licht. Diese Unternehmen betrachten die kundenspezifisch angepasste Codierung nicht als Kostenfaktor, sondern als eine Investition, die sich in kürzeren Umrüstzeiten, verringerten Lagerbeständen an vorgedruckten Packungen und höherer Flexibilität in der Fertigung auszahlt.

Über den Autor
Ondrej Kruk ist Business Unit Manager bei Videojet Technologies. Er ist im Unternehmen in erster Linie für die globale kaufmännische Leitung der Geschäftsbereiche Print and Apply Labeling (LPA), Large Character Marking (LCM) und Software zuständig. Ondrej Kruk verfügt über 10 Jahre Branchenerfahrung, vier davon in Produktkennzeichnung und Digitaldruck. In seiner vorherigen Rolle als globaler Manager des Produktdekorationsgeschäfts bei Videojet nutzte Ondrej Kruk eine industrielle Technologie zur Neubelebung einer Produktkategorie im Markt für Konsumgüter und konnte so einen nordamerikanischen Geschäftsbereich global ausbauen. Vor seiner Tätigkeit für Videojet war er Mitarbeiter von A.T. Kearney, einem globalen Management-Beratungsunternehmen.
 

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