Pharma-Talk mit Uwe Harbauer, Produktbereichsleiter Pharma bei Bosch Packaging

Vom Reagenzglas zum Patienten

Uwe Harbauer

Uwe Harbauer verantwortet als Leiter den Produktbereich Pharma bei Bosch Packaging Technology in Crailsheim. Der diplomierte Maschinenbau-Ingenieur ist seit dem Jahr 2000 für Bosch Packaging Technology tätig. Er verfügt über langjährige Erfahrung als Vertriebsleiter des Produktbereichs Pharma und als Leiter des Bereichs Customer Service. Im Interview mit pharmaindustrie-online.de spricht er im Nachgang zur Achema 2015 über Trends in der Pharmaindustrie. Außerdem zeigt er auf, wie Bosch Packaging Technology mit Linienkompetenz aus einer Hand die Arzneimittelhersteller unterstützt.

pharmaindustrie-online.de: Herr Harbauer, der Bosch-Slogan lautet „Technik fürs Leben“. Nehmen Sie bei Bosch Packaging Technology dieses Motto wortwörtlich für den Pharmabereich?
Das Motto von Bosch passt naturgemäß wunderbar zu unserem Geschäft. Denn wir verstehen es als Anspruch und Verpflichtung zugleich, bei allen Entwicklungen letztlich die Lebensqualität betroffener Menschen zu verbessern. In der Pharma-Branche sehen wir derzeit beispielweise den wachsenden Trend hin zu biotechnisch erzeugten Wirkstoffen und Medikamenten. Gerade mit dem Instrumentarium der Biotechnologie können Therapien und Medikamente für eine Reihe von Erkrankungen entwickelt werden, bei denen chemisch erzeugte Präparate keine oder unbefriedigende Ergebnisse gezeigt haben. Diese Entwicklung unterstützen wir bei Bosch etwa mit Biofermentern zur Wirkstoffproduktion, die wir sowohl im Labormaßstab als auch in verschiedenen Ausbaustufen für die industrielle Produktion anbieten. Kurz gesagt: „Technik fürs Leben“.

pharmaindustrie-online.de: Pharmaunternehmen engagieren sich immer stärker im Bereich seltener Krankheiten. Die Absatzmenge der Wirkstoffe ist aufgrund geringerer Patientenzahlen nicht groß, jedoch sind die Medikamente extrem wertvoll. Haben Sie auch hier Lösungen in Ihrem Portfolio?
Für Erkrankungen mit vergleichsweise kleinen Fallzahlen werden inzwischen immer mehr Medikamente entwickelt. Das ist sehr erfreulich, weil so auch Menschen mit seltenen Krankheiten geholfen werden kann. Aber es bedeutet für die Hersteller auch mehr Komplexität bei immer kleineren Chargen. Auf der Anlagenseite erhöht das die ohnehin schon beachtlichen Anforderungen an Flexibilität und schnelle Umrüstung auf verschiedene Produkte. Das alles muss bei höchster Prozesssicherheit geschehen. Daher steht für uns und unsere Kunden die Qualität bei gleichzeitiger Flexibilität an erster Stelle. Viele unserer Anlagen, wie etwa die FXS Kombi, sind als flexible, modulare Plattformen konzeptioniert, die Herstellern den nötigen Spielraum bieten, auch kleinere Chargen zu produzieren und unterschiedliche Packmittel einzusetzen.3) Gerade im Pharmabereich steigen die Kosten für die Entwicklung neuer Medikamente, auch aufgrund der langen Produkteinführungszeiten, durchschnittlich auf eine Milliarde Dollar pro Arzneimittel. Wie können Sie Ihre Kunden unterstützen, Zeiten einzusparen, um Medikamente möglichst schnell für den Patienten zur Verfügung zu stellen?

Der Druck, neue Medikamente noch schneller auf den Markt zu bringen, wächst kontinuierlich. Hier können wir mit unserer Linienkompetenz und flankierenden Services hervorragend helfen, die Zeit vom Abschluss der Entwicklung bis zum Beginn der Serienproduktion enorm zu reduzieren. Vordefinierte Linien verkürzen die Planungs- und Investitionsphase, minimieren Risiken für den Kunden und ermöglichen einen schnellen Hochlauf in der industriellen Fertigung. Von der biotechnischen Wirkstoffproduktion über die Formulierung, Mischung und Abfüllung oder Tablettierung bis hin zur Inspektion und Endverpackung bilden unsere Linien den kompletten Prozess sicher ab, inklusive umfassender Beratung und Services.

pharmaindustrie-online.de: Sie haben gerade über Ihre Linienkompetenz gesprochen, auf der Achema 2015 in Frankfurt haben Sie ganze Strecken für die großen Volkskrankheiten Diabetes, Krebs und Autoimmunkrankheiten wie Multiple Sklerose vorgestellt. Gibt es besondere Herausforderungen, wenn man vollständige Lösungsansätze für diese Therapiegebiete anbietet?
Jedes Therapiegebiet hat seine ganz eigenen Herausforderungen. Unser Bestreben ist es, Linien-lösungen mit Blick auf die medizinischen Indikationen zu konfigurieren und nicht allein aus Sicht des Maschinenbauers. Bei der Behandlung von Autoimmunkrankheiten werden beispielweise Präparate oft als Antikörper-Therapien mit Spritzen und Autoinjektoren verabreicht. Bei der Entwicklung einer entsprechenden Linie gilt: Von der biotechnischen Produktion über die Formulierung bis hin zur Abfüllung müssen die Präparate unter Reinraum-Bedingungen verarbeitet werden. Auch die entsprechenden Inspektions- sowie Serialisierungsmodule müssen mitbedacht werden. Bei der Arbeit mit Antikörpern, etwa bei der Behandlung von Krebserkrankungen, steht sowohl der Produktschutz als auch Schutz von Mitarbeitern, Patienten, Apothekern und Ärzten im Vordergrund – kurz, alle Menschen, durch deren Hände das Behältnis geht, bis das Medikament dem Patienten verabreicht wird. Hier kommt beispielsweise unsere neue Außenreinigungsmaschine RAN zum Einsatz, die für rückstandlose Reinigung der Außenwand sorgt und Kontamination vermeidet.

pharmaindustrie-online.de: Eine persönliche Frage zum Abschluss: Wenn Sie einen Wirkstoff erfinden könnten – gegen welche aktuell noch nicht heilbare Krankheit würde dieser helfen?
Da gibt es so viele. Mein Wunsch geht vor allem dahin, dass weltweit keinerlei gefälschte Wirkstoffe mehr im Umlauf sind. Damit wäre unzähligen Patienten geholfen und ihre Sicherheit gewährleistet. Strengere Richtlinien für eine bessere Produktkennzeichnung sind elementar für eine höhere Patientensicherheit und werden ja bereits in vielen Ländern umgesetzt oder stehen in den kommenden Jahren an.  Kombiniert man diese Anforderungen noch mit einem Manipulationsschutz, wie ihn beispielsweise die EU Richtlinie verlangt, sowie den passenden IT-Lösungen, kann eine rundum sichere Medikamentenlinie entstehen. Mit entsprechenden Serialisierungslösungen und einer ausgeklügelten Verknüpfung von Anlagen, Software und Unternehmens-IT lassen sich Seriennummern ganz im Sinne von Industrie 4.0 beziehungsweise  Connected Packaging Industry (CPI)  zuverlässiger zuordnen. Hier sind wir mit unserer neuen Software-Anwendung einen wichtigen Schritt gegangen, und werden diesen Weg auch in den kommenden Jahren konsequent weiter verfolgen.

Herzlichen Dank für das Gespräch!